Teil 11: Via Negativa
Alles fließt. Wir steigen in denselben Fluss und doch nicht in denselben Fluss. (Heraklit)
Sich Klarheit über den Status Quo und die wesentlichen Ursachen einer Krise zu verschaffen ist der erste Schritt zu ihrer Bewältigung. Von der Marktfähigkeit der Produkte oder Dienstleistungen über die Produktionsprozesse bis hin zu den Distributionskanälen ist jeder Teil des Geschäftsmodells kritisch zu hinterfragen.
Im Mittelpunkt der Überlegungen steht das „neu zu schaffende Unternehmen“. Wie sollen der neue Business Case und der neue Businessplan aussehen? Der Einsatz von standardisierten analytischen Verfahren – bspw. der „Business Modell Innovation“ – kann dabei wertvolle Dienste leisten. Denn eines ist klar: Ohne ein klar definiertes Ziel, führt jeder Weg in die Irre.
Im Rahmen der Restrukturierung in einer Insolvenz übertrugen wir einen Teil der wirtschaftlichen Aktivitäten auf ein neu gegründetes Unternehmen, eine sogenannte „übertragende Sanierung“. Dadurch hatten wir die Möglichkeit, uns von Verbindlichkeiten zu befreien und konnten bestehende Verträge kündigen. Auch nutzten wir den bei Neugestaltung oder Beendigung von Arbeitsverhältnissen bestehenden größeren Gestaltungsspielraum. Die auf maximal drei Monate begrenzte Übernahme der Lohn- und Gehaltskosten durch die Bundesagentur für Arbeit verschaffte uns die Möglichkeit, Liquidität aufzubauen und Zeit, die notwendigen Anpassungen am Geschäftsmodell vorzunehmen.
Neben der Beseitigung der Krisenursachen bauten wir gleichzeitig die neue Gesellschaft auf. Sie musste sofort handlungsfähig sein. Wir definierten die Organisationsstrukturen, Verantwortlichkeiten und Prozesse und setzten sie um. Denn was nützt es, wenn die Kosten reduziert wurden, aber kein funktionierendes IT-System zur Abarbeitung der neuen Kundenaufträge vorhanden ist.
Die Aufrechterhaltung des Kundenkontakts ist eine weitere Grundvoraussetzung für den erfolgreichen Neubeginn. Auch wenn es in der Insolvenz schwerfällt, neue Aufträge zu gewinnen, darf die intensive Kommunikation mit den Kunden niemals abreißen. Wir konnten glaubhaft vermitteln, dass am Ende des eingeschlagenen Wegs ein gesundes und zukunftsfähiges Unternehmen stehen würde. Durch eine transparente und zeitnahe Kommunikation gelang es uns in vielen Fällen neues Vertrauen aufzubauen. Und das zahlte sich aus: Nach der Insolvenz verbesserte sich die Auftragslage erstaunlich schnell.