Teil 11: Via Negativa
Um als Führungskräfte zu überzeugen, müssen wir zuverlässig und berechenbar sein. Unsere Mitarbeiter und Geschäftspartner müssen sich auf uns verlassen können. Erfolg hängt wesentlich von unserer Führungsstärke, von unserer Entschlossenheit und unserer Beharrlichkeit ab.
„Dinge richtig oder gar nicht tun“ ist besonders in Krisen die wichtigste Handlungsmaxime. Gegen jede Entscheidung lassen sich valide Argumente vorbringen. Wir wissen nie, ob die getroffene Wahl wirklich die beste ist. Als Manager müssen wir dieses Risiko tragen. Das verantwortungsvolle Entscheiden unter unvollkommenem Wissen ist der Wesenskern unserer Tätigkeit.
Revidieren wir Entscheidungen grundlos, schwanken wir wie ein Grashalm im Wind, verlieren wir zuerst unsere Glaubwürdigkeit und dann die Unterstützung unserer Mitspieler. Ich habe oft erlebt, wie Mitarbeiter für ihren Chef Mitleid aufgrund seiner Handlungsunfähigkeit oder Wankelmütigkeit empfanden. Und der Weg vom Mitleid zur Verachtung ist kurz.
Natürlich dürfen wir uns nicht dem besseren Argument verschließen. Treten unerwartete Entwicklungen auf oder haben wir eine Situation falsch eingeschätzt, müssen wir unsere Entscheidungen überprüfen und gegebenenfalls anpassen.
Entschlossenheit darf nicht erst in der Krise beginnen. Auch in wirtschaftlich guten Phasen müssen Führungskräfte klar und entschieden handeln. Dinge bis zum Ende durchdenken und sich gedanklich auf das Worst-Case-Szenario vorbereiten. Mir persönlich dient der Sicherheitshinweis bei Flügen als Mantra: „... im unwahrscheinlichen Fall eines Druckverlusts ...“. Einen solchen Druckverlust habe ich noch nie erlebt. Es ist aber dennoch nicht verkehrt, zu wissen, wo sich die Sauerstoffmasken befinden. Auf das Beste hoffen, mit dem Schlimmsten rechnen.
Entschlossenheit strahlt auf andere ab. Wie wollen wir andere überzeugen, wenn wir nicht entschieden handeln und mögliche Zweifel für uns behalten? Dies gilt besonders, wenn wir für unpopuläre Maßnahmen die Zustimmung anderer benötigen. Wir werden diese nur bekommen, wenn wir von unserer Entschlossenheit überzeugen, anderenfalls drastischere Maßnahmen zu ergreifen.
Letztendlich können wir schwierige Situationen immer auch als Wachstumsmöglichkeit betrachten. Dieses „Training“ und die daraus gewonnenen Erfahrungen stärken uns für kommende Herausforderungen. Seneca hat es gewohnt bildgewaltig auf den Punkt gebracht: „Ein Athlet, der nie braun oder blau geschlagen worden ist, wird keinen großen Kampfgeist zum Wettkampf mitbringen.“