Teil 11: Via Negativa
Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende. (Demokrit von Abdera)
Bei der Beurteilung von Leistungen fokussieren wir uns gerne auf das Ergebnis und nur selten auf den Weg. Diese Art von Beurteilung kann zu gefährlichen Fehleinschätzungen führen. Denn wir sind immer von Ereignissen, Akteuren und Konstellationen abhängig sind, die wir oft wenig oder gar nicht beeinflussen können.
Wem würden Sie eine schwierige Aufgabe eher anvertrauen? Demjenigen, der sein Handwerk halbwegs beherrscht, nur bedingt gewissenhaft und engagiert arbeitet, aber bei seinem letzten Projekt von glücklichen Umständen begünstigt ein großartiges Ergebnis erzielt hat? Oder demjenigen, der sein Handwerk beherrscht, sich bedingungslos engagiert und gewissenhaft arbeitet, dem aber zuletzt widrige Umstände den Erfolg verwehrt haben?
Bei der Neuaufstellung eines Unternehmens hatten wir vieles richtig gemacht: Verlustreiche Aktivitäten eingestellt, Kosten reduziert, Liquidität gesichert. Klar war allerdings: Ohne den Verkauf einer großen Unternehmensbeteiligung wären alle Bemühungen vergebens gewesen. Die aus der Transaktion zufließende Liquidität war überlebensnotwendig.
Während wir auf die Verlesung des Vertrags durch den Notar warteten, erreichte uns die Hiobsbotschaft: Eine dringend benötigte behördliche Genehmigung wurde überraschend verweigert. In wesentlichen Punkten musste nachgebessert werden, wodurch sich die Wirtschaftlichkeit verschlechterte. Der CFO des Käufers zog sich zurück, um sich mit seinen Kollegen zu besprechen. Nach einer Stunde kam er zurück und wollte nachverhandeln, was wir ablehnten. Wir wussten, wenn der Vertrag heute nicht unterschrieben werden würde, käme es zu monatelangen Verhandlungen, die wir finanziell nicht überlebt hätte. Unser Gegenüber telefonierte nochmals mit seinen Kollegen. Dann fiel die Entscheidung. Der Notar verlas den Vertrag und wir unterschrieben.
Wir erhielten für die Sanierung des Unternehmens viel Anerkennung. Und wir waren stolz auf unsere Arbeit. Wir sind die Herausforderungen zielstrebig angegangen, haben uns nicht entmutigen lassen, haben gute Entscheidungen getroffen und konsequent umgesetzt.
Aber ohne den Abschluss dieses Kaufvertrags wären wir gescheitert. Wäre die Qualität unserer Arbeit in diesem Fall schlechter gewesen? Auf keinen Fall. Wäre das Ergebnis schlechter gewesen? Katastrophal schlechter. Und der Abschluss des Kaufvertrags war ein Ereignis, das letztlich nicht in unserem Einflussbereich lag.