Teil 11: Via Negativa
Wandel ist unausweichlich. Veränderung ist die wesentliche Konstante unserer Welt. Auf die meisten Dinge können wir nur wenig Einfluss nehmen. Egal wie hart und intensiv wir arbeiten, manchmal verhindern Veränderungen oder Zufälle den Erfolg. Wir beklagen dann die Ungerechtigkeit der Welt oder ärgern uns über tatsächliche oder vermeintliche eigene Fehler. Akzeptieren wir hingegen unvorhergesehene Entwicklungen als unausweichlichen Bestandteil des Lebens, wird vieles einfacher. Worauf man lange gefasst ist, verliert an Schärfe, wenn es eintritt, erkannte bereits Seneca.
Oft ist es schwierig, die Bedeutung einer Veränderung richtig einzuordnen, wie der buddhistische Lehrer Ajahn Brahm anschaulich in einer Parabel beschreibt:
Ein König verletzte sich auf der Jagd an einem Finger. Nachdem der Arzt die Wunde versorgt hatte, fragte ihn der König, ob diese gut verheilen werde. Gut? Schlecht? Wer weiß das schon?, antwortete der Arzt. Die Sorgen des Königs waren berechtigt. Die Wunde eiterte und der Finger musste entfernt werden. Erbost warf der König den Arzt in den Kerker. Wochen später begab sich der König wieder auf die Jagd. Allerdings hatte ihn sein Glück verlassen. Er wurde von einem kriegerischen Eingeborenenstamm gefangen genommen. Diese wollten ihn ihren Göttern opfern. Im letzten Moment hielt der Medizinmann die Krieger zurück. Dem Mann fehlt ja ein Finger. Er ist nicht gut genug für unsere Götter. Lasst ihn frei. Nach seiner Rückkehr befreite der König als Erstes den Arzt aus dem Kerker und entschuldigte sich mit den Worten: Euch in den Kerker zu werfen war falsch und definitiv schlecht. Aber Eure Majestät, erwiderte sein Arzt, wenn Ihr mich nicht in den Kerker geworfen hättet, wäre ich auf der Jagd bei Euch gewesen und wäre gefangen genommen worden. Und ich habe noch alle Finger. Gut? Schlecht? Wer weiß das schon?
Wir sollten immer aufmerksam sein. Je eher wir den Wandel und seine Vorboten wahrnehmen, desto eher können wir versuchen, sein Potenzial zu nutzen und ihn in unserem Sinne zu gestalten. Das Geschehen können wir oft nur im geringen Maße oder gar nicht beeinflussen. Das bedeutet aber nicht, dass wir es nicht versuchen sollten. Bereits Konfuzius machte dazu Mut: Der Weise versteht Unglück in Glück zu verwandeln.